Den Sterbeprozess begleiten

Wenn das Leben zu Ende geht, beginnt ein stiller Prozess des Loslassens. Für Angehörige ist diese Zeit oft von Sorgen und der Angst begleitet, etwas falsch zu machen. Zu verstehen, was geschieht, kann beruhigen – und dabei helfen, den letzten Weg mit Liebe, Nähe und Vertrauen zu begleiten.

Allgemein

Wenn ein Mensch stirbt, verändert sich vieles Schritt für Schritt: Der Körper schaltet nach und nach seine Funktionen zurück, die Wahrnehmung richtet sich nach innen, und der Geist löst sich mehr und mehr aus dem Alltag. Für Angehörige können diese Veränderungen schwer verständlich sein, manchmal sogar beängstigend. Doch sie sind in aller Regel Teil eines natürlichen Prozesses, der nicht mit Leiden gleichzusetzen ist.

Sterben bedeutet oft nicht, dass das Leben abrupt endet, sondern dass es langsam zur Ruhe kommt. Manche Veränderungen sind deutlich sichtbar – etwa ein veränderter Atem oder nachlassende Kräfte –, andere verlaufen unbemerkt. Für Außenstehende kann es so wirken, als ob noch „etwas getan“ werden müsste. Doch häufig ist es gerade das Nicht-Tun, das Loslassen, das den Sterbenden gut begleitet.

Wichtig ist, sich bewusst zu machen: Auch wenn Worte fehlen oder Reaktionen nachlassen, nehmen Sterbende die Anwesenheit ihrer Angehörigen oft noch sehr intensiv wahr. Ein ruhiges Dasein, eine gehaltene Hand oder vertraute Stimmen können in dieser Zeit mehr sagen als viele Worte.

Körperliche Anzeichen

  • Appetit und Durst nehmen ab
    Der Körper braucht am Lebensende kaum noch Nahrung oder Flüssigkeit. Stoffwechsel und Verdauung sind stark verlangsamt, Organe arbeiten reduziert. Deshalb ist es normal, dass Essen und Trinken weniger wichtig werden. Ein Zwang dazu würde den Körper eher belasten.

  • Veränderte Atmung
    Die Atmung verändert sich, wird unregelmäßig oder flacher. Es können Pausen entstehen. Ursache ist, dass die Atemmuskeln schwächer werden und das Atemzentrum langsamer reagiert.

  • Kreislauf und Haut
    Der Kreislauf konzentriert sich auf die letzten wichtigen Organe. Arme und Beine werden daher kälter, die Haut erscheint blass, marmoriert oder bläulich.

  • Ausscheidungen
    Da der Körper weniger Flüssigkeit erhält und die Nieren ihre Funktion zurückfahren, wird weniger Urin ausgeschieden. Gleichzeitig erschlaffen die Muskeln, sodass es auch zu Inkontinenz kommen kann.

Schmerzen erkennen

Manchmal können Sterbende Schmerzen nicht mehr in Worten ausdrücken. Angehörige erkennen Schmerzen oft an nonverbalen Zeichen:

  • ein angespannter oder schmerzverzerrter Gesichtsausdruck,

  • starre oder schützende Körperhaltung,

  • Geräusche wie Seufzen oder Weinen,

  • unruhige Bewegungen oder das Vermeiden von Berührung.

Diese Hinweise sind wertvoll, um mit dem Pflegeteam Rücksprache zu halten und für Linderung zu sorgen.

Kognitive und emotionale Erscheinungen

  • Delir am Lebensende
    Viele Sterbende erleben Verwirrtheit, Unruhe oder Halluzinationen. Ursache sind Stoffwechselveränderungen, Sauerstoffmangel oder Medikamente. Für Angehörige wirkt dies belastend, für Betroffene selbst bedeutet es meist keinen Leidensdruck.

  • Nesteln
    Typische unruhige Bewegungen, wie das Zupfen an Decken oder Kleidung

  • Visionen
    Manche Sterbende berichten, Verstorbene zu sehen oder mit ihnen zu sprechen. Solche Erfahrungen sind häufig und können den Betroffenen Trost spenden.

Atemveränderungen im Detail

  • Rasselatmung
    Wenn Schlucken und Husten nicht mehr möglich sind, sammeln sich Sekrete im Rachenraum. Dies führt zu rasselnden Atemgeräuschen. Auch wenn es für Angehörige schwer zu hören ist: Die Sterbenden selbst nehmen es meist nicht mehr bewusst wahr.

  • Cheyne-Stokes-Atmung
    Wechsel zwischen tiefen Atemzügen und Atempausen, ausgelöst durch eine unregelmäßige Steuerung des Atemzentrums.

  • Agonales Atmen
    Keuchende, unregelmäßige Atemzüge in den letzten Minuten des Lebens.

Der Umgang mit Unsicherheiten

Viele Angehörige haben Angst, etwas falsch zu machen. Doch in dieser Phase geht es nicht um Perfektion, sondern um Nähe. Das Dasein, eine liebevolle Berührung, ruhige Worte oder auch eine vertraute Melodie.

Unsicherheiten sind normal. Niemand muss alles wissen oder können. Unterstützung durch Palliativ- oder Hospizteams hilft, Symptome besser zu verstehen und mehr Sicherheit im Handeln zu finden. Das Wichtigste ist, dass die Sterbenden spüren: Sie sind nicht allein.

Was im Vordergrund steht

Am Lebensende sind Infusionen, künstliche Ernährung oder belastende Untersuchungen meist nicht mehr sinnvoll. Was jedoch sehr wichtig bleibt, sind kleine Dinge: Mundpflege, befeuchtete Lippen, eine angenehme Positionierung, vertraute Musik oder einfach eine Hand, die gehalten wird. Diese Gesten schaffen Geborgenheit und vermitteln Würde.

Ziel des Artikels

Dieser Beitrag möchte Angehörigen Mut machen, den Sterbeprozess zu verstehen und einfühlsam zu begleiten. Auch wenn manche Zeichen beunruhigend wirken, sind diese meist Teil eines natürlichen Prozesses. Entscheidend ist die Nähe, die Ruhe und das "da sein".

Quellen:

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