Therapie bei Delir

Ein Delir ist ein akuter Verwirrtheitszustand, der plötzlich auftreten kann und für Betroffene wie auch Angehörige sehr belastend ist.

Allgemein

von Dr.in med. univ. Elisabeth Sciri

Bei schwer erkrankten Menschen kann besonders in der Sterbephase, aber auch davor ein sogenanntes Delir auftreten.
Es handelt sich um akut auftretende Veränderungen des Bewusstseinszustandes und stellt in der Palliativmedizin einen Notfall dar, der abseits der Sterbephase mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert ist.

Die Ursachen sind organische Beeinträchtigungen der Gehirnfunktion.
Das Screening erfolgt über die Confusion Assessment Method (CAM), die dem betreuenden Fachpersonal hilft, die Diagnose eines Delirs zu stellen.

Merkmale:

  • Diffuse Störungen des Denkens

  • Aufmerksamkeitsstörungen

  • Wahrnehmungsstörungen / Halluzinationen

  • Wahnvorstellungen

  • Gestörte Denkabläufe

  • Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus

  • Emotionale Schwankungen

  • Aggressionen

  • Veränderungen in der Psychomotorik (Hypo- oder Hyperaktivität)

Ursachen

Die Ursachen eines Delirs können vielfältig und auch multifaktoriell sein.

Risikofaktoren:

  • Krankenhausaufenthalte

  • Demenz

  • Alter

  • Stress

  • Einnahme vieler Medikamente

Weitere Ursachen:

  • Medikamente (Schmerzmittel, Medikamente gegen Krampfanfälle, Parkinson-Medikamente, Chemotherapeutika etc.)

  • Schmerzen

  • Infektionen

  • Veränderungen im Elektrolythaushalt oder Blutzuckerentgleisungen

  • Veränderungen im zentralen Nervensystem (erhöhter Hirndruck, Gehirntumoren, Gehirnmetastasen, Krampfanfälle etc.)

  • Entzugssyndrome (Alkohol, Nikotin, Steroide etc.)

  • Mangelerscheinungen (Dehydratation, Sauerstoffmangel, Vitaminmängel)

  • Andere Erkrankungen (Harnverhalt, Verstopfung, vorbestehende psychiatrische Erkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen)

Behandelbare Auslöser eines Delirs sollten immer evaluiert und behandelt werden.

Nicht-medikamentöse und prophylaktische Basismaßnahmen

  • Ruhige und sichere Umgebung schaffen (kein Lärm, Lichtanpassung)

  • Soziale Anbindung: Angehörige / vertraute Personen einbeziehen und professionell begleiten

  • Berührungen durch vertraute Personen, Kontinuität in der Pflege

  • Ruhige Kommunikation ohne Zurechtweisen

  • Einfache und kurze Sätze, keine komplexen Fragen

  • Mobilität zulassen und ggf. unterstützen

  • Entspannende Musik und Gerüche

  • Psychologische Mitbetreuung (auch der Angehörigen)

  • Sturzprophylaxe

  • Basale Stimulation (Aromaöle, Massage, Berührungen)

Ziel: Verbesserung der Orientierung, Förderung der Körperwahrnehmung, Reduktion von Angst und Unruhe, Verständnis für die veränderte Situation.
Diese Basismaßnahmen haben Vorrang vor medikamentösen Therapien.

Medikamentöse Therapie

Die Therapie richtet sich nach den Leitsymptomen.

Agitation / Angst / Wahn

Neuroleptika:

  • Haloperidol (bei Entzugsdelir)

  • Melperon, Pipamperon

  • Quetiapin (bei Patient:innen mit Morbus Parkinson)

  • Risperidon (bei lebhaften Halluzinationen, bei Demenz zugelassen; nicht sedierend, kombinierbar mit anderen Neuroleptika)

  • Clozapin (bei Patient:innen mit Morbus Parkinson und Halluzinationen)

Angst / Sedierung gewünscht

Benzodiazepine:

  • Lorazepam

  • Diazepam

  • Midazolam

⚠️ Bei älteren und geriatrischen Patient:innen vorsichtiger Einsatz wegen Sturzgefahr und paradoxer Wirkungen.

Verlangsamung / hypoaktives Delir

  • Neuroleptika

Delir in der Sterbephase

In den letzten Lebenstagen bis -stunden kommt es mit knapp 90 % sehr häufig zu Verwirrtheitszuständen.
Die Unterscheidung zu terminaler Unruhe oder Angst ist oft schwierig.

Wichtig:

  • prophylaktische Basismaßnahmen

  • gute Symptomkontrolle (v. a. Schmerzmedikation, Behandlung von Atemnot und Übelkeit)

Medikamente:

  • Haloperidol = Neuroleptikum der Wahl

  • bei starker Unruhe Kombination mit niedrigpotentem Antipsychotikum (z. B. Levomepromazin) oder Benzodiazepin (z. B. Lorazepam, Midazolam)

Bei therapierefraktärem Delir in der Sterbephase kann eine kontinuierliche Sedierung zur Symptomlinderung notwendig werden (siehe Palliative Sedierung).

Hinweis

Die hier bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Aufklärung. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung, Diagnose oder Therapie. Medikamente dürfen nur nach ärztlicher Verordnung und niemals in Eigenregie eingenommen oder angepasst werden. Bitte besprechen Sie individuelle Beschwerden und Therapieentscheidungen immer mit den behandelnden Ärzt:innen.

Quellen:

CCC-Netzwerk Palliativmedizin. (2022, Dezember). SOP Akuter Verwirrtheitszustand. Abgerufen am 25. September 2025, von

https://www.ccc-netzwerk.de/fileadmin/Inhalte/Bilder_und_pdf/Arbeitsgruppen/Palliativmedizin/12-2022/SOP_Akuter_Verwirrtheitszustand.pdf

Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe & AWMF). (2015, Mai). Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung (Kurzversion 1.1) (AWMF-Registernummer 128/001OL). https://www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/LL_Palliativmedizin_Kurzversion_1.1.pdf (abgerufen am 01.10.2025)