Durst- und Hungergefühl
Dieser Beitrag gibt einen Überblick darüber, warum Durst- und Hungergefühl bei fortgeschrittenen Erkrankungen oft weniger werden und zeigt, wie Betroffene dennoch bestmöglich unterstützt werden können.
Allgemeines
Am Lebensende verändern sich Hunger- und Durstgefühl. Viele Betroffene essen und trinken weniger, weil der Körper nicht mehr die gleiche Menge an Nahrung und Flüssigkeit benötigt. Für Angehörige ist dies oft schwer zu verstehen und kann zu Sorgen führen. Wichtig ist: Die verminderte Aufnahme ist ein natürlicher Teil des Sterbeprozesses und bedeutet nicht, dass jemand „verhungert“ oder „verdurstet“.
Es ist bekannt, dass eine verminderte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme nicht zwangsläufig mit Leiden gleichzusetzen ist. Studien zeigen, dass Appetitverlust häufig eine Folge der Krankheitsprogression und veränderter Stoffwechselprozesse ist und weniger mit mangelnder Versorgung zu tun hat.
Mögliche Ursachen für verminderte Nahrungsaufnahme
Nachlassende Funktion von Organen
Geringerer Energiebedarf des Körpers
Müdigkeit und zunehmende Schwäche
Veränderungen im Geschmacksempfinden
Beschwerden wie Übelkeit, Schluckstörungen oder Mundtrockenheit
Darüber hinaus können Medikamente, wie etwa Opioide oder bestimmte Chemotherapeutika, den Appetit zusätzlich verringern. Auch psychosoziale Faktoren wie Depression, Ängste oder veränderte Tagesrhythmen spielen eine Rolle.
Mögliche unterstützende Maßnahmen
Umgang mit Nahrung
Kleine Portionen anbieten, ohne Druck zum Essen
Speisen wählen, die angenehm sind und gerne gegessen werden
Auf leichte Kost achten, die gut verträglich ist
Akzeptieren, wenn nur noch kleine Mengen oder einzelne Speisen gewünscht sind
Es kann hilfreich sein, Speisen besonders geschmacklich zu betonen, da sich Geschmackssinn und Geruchssinn im Verlauf verändern. Manche Betroffene bevorzugen eher süße Speisen oder kühle, erfrischende Lebensmittel.
Umgang mit Flüssigkeitszufuhr
Regelmäßig kleine Schlucke Wasser, Tee oder Saft anbieten
Eiswürfel oder Eislutscher können das Durstgefühl lindern
Flüssigkeit über feuchte Mundpflegestäbchen oder Sprühflaschen geben, wenn Schlucken schwerfällt
Wichtig: Infusionen ersetzen das subjektive Durstgefühl in der Regel nicht
Beobachtungen in der Palliativpflege zeigen, dass eine gute Mundpflege subjektiv häufig als wichtiger empfunden wird als zusätzliche Flüssigkeitsgabe über Infusionen. Angehörige können durch kleine Rituale, wie gemeinsames Tee-Trinken oder Anreichen von Eisstückchen, ein Gefühl der Nähe vermitteln.
Mund- und Lippenpflege
Regelmäßige Befeuchtung von Mund und Lippen, um Trockenheit zu lindern
Pflegende Öle oder Salben auftragen
Mundspülungen oder leicht säuerliche Getränke können den Speichelfluss anregen
Eine konsequente Mundpflege kann das Durstempfinden verringern und wird von vielen Betroffenen als wohltuend und angenehm empfunden. Besonders in der Sterbephase wird eine gute Mundpflege oft als wichtiger Bestandteil der Linderung erlebt.
Was Angehörige wissen sollten
Verminderte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ist in der Sterbephase ein natürlicher Vorgang, da der Körper weniger Energie und Flüssigkeit benötigt.
Erzwungenes Zuführen von Nahrung oder Flüssigkeit kann belastend sein und Beschwerden verstärken (z. B. Atemnot, Wassereinlagerungen)
Zuwendung, Nähe und kleine Rituale rund um Essen und Trinken können wichtiger sein als die Menge selbst
Wichtig ist auch, dass Angehörige über die medizinischen und pflegerischen Hintergründe informiert sind. Eine offene Kommunikation mit dem Behandlungsteam kann Unsicherheiten reduzieren und Sicherheit im Umgang mit der Situation geben.
Wichtiger Hinweis
Die hier bereitgestellten Maßnahmen dienen ausschließlich der allgemeinen Information. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung, Beratung, Diagnose oder Therapie. Maßnahmen zur Symptomlinderung sollten nur nach ärztlicher Rücksprache durchgeführt werden. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Beschwerden immer an die behandelnden Ärzt:innen.
Quellen:
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