Therapie bei Übelkeit & Erbrechen

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über mögliche Ursachen von Übelkeit und Erbrechen und zeigt, wie eine sorgfältige Abklärung und angepasste Behandlung zur Linderung beitragen können.

Allgemein

Dr.in univ. med. Elisabeth Sciri

Mehr Informationen zur Symptomlinderung bei Übelkeit und Erbrechen finden Sie hier

Hierbei handelt es sich um zwei separate Symptome, die allerdings häufig miteinander einhergehen. Diese Symptome werden als sehr belastend empfunden und beeinträchtigen die Lebensqualität stark. Besonders bei Erbrechen kann es auch zu starken körperlichen Beschwerden wie Mangelernährung, Gewichtsverlust, Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts sowie Verletzungen der Speiseröhre und – bei Einatmen des Speisebreis – auch zu Lungenentzündungen kommen.

Die Ursachen für Übelkeit und Erbrechen sind vielfältig. Ein eigenes Kapitel betrifft durch Chemotherapie ausgelöste Übelkeit. Diese wird hier nicht erläutert. Sollten Sie unter starker Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie leiden, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Onkologen.

Das ebenfalls mit Übelkeit und Erbrechen assoziierte Kapitel der malignen Obstruktionen wird in einem eigenen Kapitel behandelt.

Ursachen

Ursachen für die Entstehung von Übelkeit und Erbrechen in einem palliativmedizinischen Setting:

  • Toxische Substanzen (z. B. Medikamentennebenwirkungen oder -Wechselwirkungen, Alkohol)

  • Stoffwechselstörungen

  • Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts

  • Zerebrale Erkrankungen (z. B. Hirnmetastasen, Hirnödeme)

  • Psychische Faktoren

Übelkeit und Erbrechen werden oft multifaktoriell ausgelöst. Eine klare Ursache ist nicht immer erhebbar. In etwa 50 % der Fälle ist der Magen-Darm-Trakt (mit)betroffen.

Oft wird Erbrechen vom Umfeld als belastender wahrgenommen als Übelkeit. Die Auswirkungen von Übelkeit auf die erkrankte Person werden wiederum eher unterschätzt. Häufiges Erbrechen kann zu Isolation führen, da es einerseits Ekel, aber auch das Gefühl der Hilflosigkeit und Frustration bei Angehörigen auslösen kann.

Die Frage nach Übelkeit und Erbrechen sollte immer ein wichtiger Bestandteil des ärztlichen Gesprächs im palliativmedizinischen Kontext darstellen und sollte jedenfalls einen passenden Therapieplan nach sich ziehen.

Anamnese

Wichtige Fragen im Anamnesegespräch beinhalten:

  • Häufigkeit, Intensität und Dauer der Symptome

  • Zeitgleicher Zusammenhang mit Nahrungs-, Flüssigkeits- oder Medikamenteneinnahme

  • Beeinträchtigungen in der Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit bzw. bei der Medikamenteneinnahme

  • Zeitgleiches Auftreten mit anderen Symptomen (z. B. Schwindel, Schmerzen)

  • Auslösende Faktoren (auch psychosoziale Belastungsfaktoren)

  • Effekt nach dem Erbrechen (Besserung der Symptome?)

  • Menge, Aussehen und Geruch des Erbrochenen

Zur Klärung der körperlichen Ursache stehen unterschiedlichste diagnostische Instrumente zur Verfügung. Um die Patient:innen keinen unnötigen Untersuchungen auszusetzen, ist die genaue Erhebung der Symptome essenziell.

Die Diagnostik sollte parallel zur Therapieeinleitung laufen und individuell an den Gesundheitszustand der Patient:innen angepasst werden. Wichtig ist eine genaue Erfassung der aktuellen Medikamenteneinnahme inkl. tumorspezifischer Therapie. Immer erfolgen sollte weiters eine körperliche Untersuchung.

Weitere Diagnostik wie Blutabnahme, radiologische Bildgebung oder Endoskopie sollte individuell angepasst erfolgen.

Therapie

Die Therapie umfasst drei Säulen:

1. Allgemeine Maßnahmen

  • Anpassung des Umfelds (angenehme Gerüche, Stressfaktoren reduzieren)

  • Mundpflege

  • Entspannungstherapie

  • Anpassung der Speisen und Getränke (nur bei Appetit und Gusto essen, kleine Portionen, Oberkörper hochlagern nach dem Essen)

  • Ablenkung

2. Behandlung auslösender Ursachen

Infekte, Stoffwechselstörungen oder Elektrolytentgleisungen, Hirndrucksenkung, Behandlung vor Dehydratation und Nierenversagen, Absetzen oder Rotation auslösender Medikamente.

3. Symptomatische Therapie

Prokinetika:
Metoclopramid (z. B. Paspertin, Ceolat), Domperidon (Motilium)
Erhältlich als Tabletten, Saft und i. v. Direkte Wirkung am Brechzentrum im Gehirn, regt aber auch die Entleerung des Mageninhalts sowie die Darmbeweglichkeit an.
Vorsicht: keine Einnahme bei gastrointestinalen Engstellen.

Antihistaminika:
Dimenhydrinat (z. B. Vertirosan, Vomex) – als Dragees, Zäpfchen, i. v. und Saft erhältlich. Es gehört zur Gruppe der Antihistaminika und hemmt den histamininduzierten Brechreiz durch Blockade des H1-Rezeptors im Gehirn.
Vorsicht: kann sedierend wirken und die Wirkung sedierender Medikamente verstärken. Vorsicht auch bei Problemen beim Harnlassen und bei erhöhtem Augendruck.

5-HT3-Antagonisten:
Ondansetron (z. B. Zofran), Granisetron (z. B. Kytril)
Einnahme als Tablette, Schmelztablette und i. v. Sie blockieren den Serotoninrezeptor und wirken v. a. bei Chemo- und Strahlentherapie-induzierter Übelkeit sehr gut.
Vorsicht: sollte bei Störungen der Darmaktivität nicht eingenommen werden.

Antipsychotika:
Haloperidol (Haldol) als Tropfen erhältlich, Olanzapin (z. B. Zyprexa) als Tablette oder Schmelztablette, Levomepromazin (z. B. Nozinan) als Tablette oder i. v.
Diese Substanzen aus der Gruppe der Antipsychotika können in niedriger Dosierung gegen Übelkeit eingesetzt werden.
Vorsicht: sedierende Wirkung, auch die Wirkung anderer sedierender Medikamente kann verstärkt werden.

Steroide & Cannabinoide

Steroide

Dexamethason (Fortecortin)
Einnahme als Tablette, i. v. oder als Zäpfchen möglich.
Es handelt sich um ein Glucokortikoid mit komplexem Wirkmechanismus gegen Übelkeit und Erbrechen (abschwellend, entzündungshemmend).

Es kann einerseits hirndrucksenkend wirken und ist deswegen das Mittel der Wahl bei Übelkeit und Erbrechen im Rahmen von Tumorbefall des Gehirns und der Hirnhäute sowie bei erhöhtem Hirndruck oder Hirnödemen.

Weiters lindert es Symptome chemotherapieinduzierter Übelkeit und kann auch postoperativ eingesetzt werden.

⚠️ Vorsicht:
Die Einnahme sollte, wenn möglich, zeitlich begrenzt werden und bei längerer Anwendung schrittweise ausgeschlichen werden.

Cannabinoide

Dronabinol
Einnahme der öligen Tropfen erfolgt üblicherweise auf einem kleinen Stück Brot oder einem Würfelzucker.
Es handelt sich um ein Cannabispräparat, das sowohl THC als auch CBD enthält. Es ist chefarztpflichtig und gilt als Suchtgift.

Es kommt zum Einsatz, wenn die Erstlinientherapie keine ausreichende Linderung der Symptome gebracht hat. Die Wirkung ist sowohl Übelkeitsreduzierend als auch Appetitanregend.

⚠️ Vorsicht:
Patient:innen, die auf Cannabinoide empfindlich reagieren (Halluzinationen, Sedierung, gastrointestinale Beschwerden), sollten es nicht einnehmen.

Hinweis

Die hier bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Aufklärung. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung, Diagnose oder Therapie. Medikamente dürfen nur nach ärztlicher Verordnung und niemals in Eigenregie eingenommen oder angepasst werden. Bitte besprechen Sie individuelle Beschwerden und Therapieentscheidungen immer mit den behandelnden Ärzt:innen.

Quellen:

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DocCheck Flexikon. (o. J.). Dimenhydrinat. Zugriff am 6. Oktober 2025, von https://flexikon.doccheck.com/de/Dimenhydrinat flexikon.doccheck.com

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Gelbe Liste. (o. J.). Dronabinol – Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen. Zugriff am 6. Oktober 2025, von https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Dronabinol_54956 gelbe-liste.de