Therapie bei maligner intestinaler Obstruktion
Eine maligne intestinale Obstruktion (MIO) kann im Verlauf fortgeschrittener Tumorerkrankungen auftreten und geht mit unterschiedlichen Symptomen einher.
Allgemeines
von OÄ Dr. in med. univ. Daniela Jahn-Kuch, MSc
Die maligne intestinale Obstruktion (MIO) ist eine häufige Komplikation fortgeschrittener Tumorerkrankungen, insbesondere bei Patient:innen mit abdominellen Karzinomen oder abdominellen Metastasen.
Sie wird definiert als mechanisch oder funktionell bedingter, teilweiser oder vollständiger Verschluss des Dünn- oder Dickdarms.
Ursachen
Darmverschluss durch Tumorwachstum
Tumorbedingte Kompression des Darms von außen
Einwachsen des Tumors in das Gefäß- und Nervengeflecht des Darmes
Nebenwirkungen bestimmter Medikamente (z. B. Anticholinergika, Opioide, Antidepressiva, Neuroleptika), die eine Verschlusssymptomatik verstärken können
Symptome
Die Symptomlast entwickelt sich oft langsam über Tage bis Wochen und kann die Lebensqualität erheblich einschränken.
Zu den wesentlichen Symptomen zählen:
Übelkeit und Erbrechen
Krampfartige abdominelle Schmerzen
Mangelernährung und Gewichtsverlust
Veränderung der Stuhlfrequenz und -konsistenz (kein Stuhlgang bei komplettem Darmverschluss)
Management der MIO
Das Management ist komplex und sollte multidisziplinär erfolgen.
Goldstandard für die Diagnosestellung ist ein CT von Abdomen und Becken mit i.v. Kontrastmittel.
Operative Optionen:
Resektion der Obstruktion mit Wiederherstellung der Darmkontinuität
Anlage eines Bypasses mit Umgehungsanastomose
Anlage eines künstlichen Darmausgangs
Ziele:
Verbesserung der Symptomkontrolle
Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr
Erhalt der Lebensqualität
In die Entscheidung einfließen sollten: Alter, Ernährungs- und Funktionsstatus, Tumorausdehnung, Voroperationen, Bauchwasser, Peritonealmetastasen, Komorbiditäten und vorangegangene Chemo-/Strahlentherapien.
Interventionelle Maßnahmen bei inoperabler MIO:
Nasogastralsonde: kann rasch Übelkeit und Erbrechen lindern, wird aber oft als unangenehm empfunden.
PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie): ermöglicht dauerhafte Entlastung, gleichzeitig oft noch Trinken und weiche Kost möglich.
Selbstexpandierende Metallstents (SEMS): bei isoliertem Verschluss im Magenausgang, Zwölffingerdarm oder Dickdarm zur Wiederherstellung der Passage.
Medikamentöse Symptomkontrolle
Das Ziel der medikamentösen Therapie ist die Linderung von:
Übelkeit und Erbrechen
Bauchschmerzen
Intestinaler Sekretion
👉 Wichtig: Medikamente sollten bei anhaltendem Erbrechen oder liegender Sonde nicht oral, sondern parenteral (i.v., s.c., s.l., transdermal) verabreicht werden.
Künstliche Ernährung und Flüssigkeitsgabe
Die parenterale Flüssigkeits- und Ernährungsgabe wird kontrovers diskutiert.
Vorteil: Kann einer Mangelernährung entgegenwirken.
Nachteil: Flüssigkeitseinlagerungen (z. B. Ödeme, Lungenflüssigkeit) können die Belastung erhöhen.
Die Entscheidung hängt ab von:
Tumorausdehnung
Allgemeinzustand
Prognose
Vor allem: den individuellen Wünschen der Patient:innen
Vorausschauende Versorgungsplanung
Eine MIO bei fortgeschrittener Tumorerkrankung ist mit einer deutlich erhöhten Sterblichkeit verbunden.
daher ist Folgendes zu beachten:
Frühzeitiges Gespräch über vorausschauende Versorgungsplanung
Gemeinsame Abstimmung über Wünsche und Ziele für die letzte Lebensphase
Gestaltung dieser Phase nach den individuellen Bedürfnissen der Patient:innen
Hinweis
Die hier bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Aufklärung. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung, Diagnose oder Therapie. Medikamente dürfen nur nach ärztlicher Verordnung und niemals in Eigenregie eingenommen oder angepasst werden. Bitte besprechen Sie individuelle Beschwerden und Therapieentscheidungen immer mit den behandelnden Ärzt:innen.
Quelle:
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