Schmerzen

Schmerzen sind bei fortgeschrittenen Erkrankungen häufig und können sehr unterschiedlich empfunden werden. Sie beeinflussen sowohl den Körper als auch die seelische Verfassung.

Allgemeines

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Schmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerden in der letzten Lebensphase. Sie können sehr unterschiedlich erlebt werden – dumpf, stechend, brennend oder drückend – und entstehen nicht nur durch körperliche Ursachen. Gefühle, Stress, die Lebenssituation und Sinnfragen wirken stark mit. In der Palliativversorgung spricht man deshalb von ganzheitlichem Schmerz – weil körperliches, seelisches, soziales und spirituelles Leid zusammenwirken.

Was bedeutet „ganzheitlicher Schmerz“?

Der Begriff stammt von Cicely Saunders, der Gründerin der modernen Hospizbewegung.
Sie beobachtete, dass Schmerz nie allein körperlich ist, sondern immer durch vier Bereiche beeinflusst wird:

  • Körperlich: etwa Tumoren, Druckstellen, Entzündungen oder Nervenschäden.

  • Seelisch: Ängste, Trauer, Unruhe oder Überforderung verstärken Schmerz.

  • Sozial: Einsamkeit, Sorgen um Angehörige oder mangelnde Unterstützung können Schmerzen verstärken.

  • Spirituell/existentiell: Fragen nach Sinn, Schuld oder Lebensende beeinflussen Schmerzempfinden stark.
    Das heißt: Gute Schmerzlinderung sollte alle diese Ebenen mit beachten

Was ist das Schmerzgedächtnis?

Dauerschmerz kann das Nervensystem verändert hinterlassen – ein sogenanntes Schmerzgedächtnis. Dabei wird das Nervensystem überempfindlich und häufig reichen schon kleine Reize (z. B. leichtes Berühren) aus, um starke Schmerzen auszulösen. Müdigkeit, Angst und Schlafmangel können diesen Effekt noch verstärken. Das zeigt: Früh Unterstützung zu holen kann dabei helfen, diesem Effekt vorzubeugen oder ihn abzumildern.

Schmerzarten und mögliche Ursachen

  • Somatischer Schmerz (z. B. Knochen, Muskeln, Haut): Häufig durch direkten Druck, Tumoren oder Verletzungen. Häufig gut lokalisierbar, z. B. „stechend“ oder „drückend“.

  • Viszeraler Schmerz (innere Organe): Meist diffus, drückend, oft begleitet von Übelkeit. Oft schwer zu beschreiben oder zuzuordnen.

  • Neuropathischer Schmerz (Nervenschmerz): Brennend, elektrisierend, kribbelnd oder taub mit Schmerz – durch Reizung oder Schädigung von Nerven.

  • Noziplastischer Schmerz: Das Nervensystem reagiert über – Schmerz kommt diffus, ohne klare Ursache, oft nach längerer Schmerzerfahrung.

Mögliche unterstützende Maßnahmen

Körper & Positionierung

  • Bequeme Positionierung: Polster, Kissen, Druckentlastung.

  • Wärme (z. B. Wärmflasche) bei Verspannung.

  • Kühle Auflagen (z. B. im Tuch) bei Schwellung oder Entzündung.

  • Sanfte Bewegung: kurze, langsame Bewegungen zur Entlastung.

  • Atemtechniken: ruhiges Ein- und Ausatmen kann unterstützen, Schmerzspitzen ruhiger zu erleben

Haut & Wunden

  • Sanfte Hautpflege: parfümfreie Cremes/Öle werden oft als angenehm oder wohltuend empfunden.

  • Schonung sensibler Bereiche – weiche Auflagen, sanftes Abtupfen nach dem Waschen, kein Reiben.

Entspannung & Ablenkung

  • Ruhige Umgebung: Musik, vertraute Stimmen, Räu­me mit wenig Reiz.

  • Entspannungsrituale: Handmassage, atmen, sanftes Streicheln.

  • Ablenkung: Gespräche, Hörbuch, Lieblingsaktivitäten.

Alltag & Umfeld

  • Pacing: Aktivität in kleine Stücke mit Pausen einteilen.

  • Hilfsmittel nutzen: Sitzhilfen, Greifzangen, Gehhilfen.

  • Unterstützung durch Nähe: Hand halten, Nähe spürbar machen.

Was Angehörige wissen sollten

  • Schmerz ist nicht immer unvermeidlich

  • Gedanken, Angst oder Erschöpfung können Schmerzen spürbar verstärken – Geborgenheit und Zuwendung helfen.

  • Das Schmerzgedächtnis zeigt: Frühzeitige Reaktion auf Schmerzen kann entscheidend sein

  • Was hilft, ist sehr individuell – Wohlbefinden steht im Zentrum.

Wichtiger Hinweis

Die hier bereitgestellten Maßnahmen dienen ausschließlich der allgemeinen Information. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung, Beratung, Diagnose oder Therapie. Maßnahmen zur Symptomlinderung sollten nur nach ärztlicher Rücksprache durchgeführt werden. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Beschwerden immer an die behandelnden Ärzt:innen.

Quellen:

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van Veen, S., Drenth, H., Hobbelen, H., Finnema, E., Teunissen, S., & de Graaf, E. (2024). Non-pharmacological interventions feasible in the nursing scope of practice for pain relief in palliative care patients: A systematic review. Palliative Care and Social Practice, 18, 1–16. https://doi.org/10.1177/26323524231222496

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Clark, D. (1999). ‘Total pain’, disciplinary power and the body in the work of Cicely Saunders, 1958–1967. Social Science & Medicine, 49(6), 727–736. https://doi.org/10.1016/S0277-9536(99)00098-2