Trauer erleben
Abschied und Trauer sind oft von widersprüchlichen Gefühlen geprägt. Dieser Beitrag zeigt, warum Trauer kein geradliniger Weg ist, wie das ständige Pendeln zwischen Verlust und Neubeginn aussieht und welche Rituale und Angebote Halt geben können.
Allgemeines
Abschied und Trauer gehören untrennbar zum Leben, auch wenn sie zu den schwersten Erfahrungen zählen. Oft beginnt der Abschied schon vor dem eigentlichen Tod – etwa dann, wenn eine fortschreitende Krankheit das gemeinsame Leben nach und nach verändert. Angehörige erleben in dieser Zeit viele Gefühle gleichzeitig: Hoffnung, Angst, Dankbarkeit, Hilflosigkeit und die Sorge um das, was kommen wird.
Es kann helfen zu wissen, dass Trauer kein geradliniger Prozess ist, sondern von Schwankungen geprägt. Trauer hat gute und schlechte Tage, Momente der Stärke und Zeiten der Schwäche. Dieses Auf und Ab ist normal und ein Teil des Weges.
Trauermodelle – Orientierung im Gefühlschaos
Das Dual-Process-Model von Stroebe & Schut (1999) beschreibt Trauer als ein Pendeln zwischen zwei Bereichen:
Verlustorientierung: Hier stehen die Gefühle rund um den Tod im Vordergrund. Trauernde erinnern sich an die verstorbene Person, verspüren Sehnsucht, weinen, sind vielleicht wütend oder fühlen Leere. In dieser Phase sind Rückzug, Bedürfnis nach Ruhe und das Festhalten an Erinnerungen normal.
Wiederherstellungsorientierung: Hier richtet sich der Blick stärker auf das Weiterleben. Trauernde wenden sich Alltagsaufgaben zu, nehmen an sozialen Aktivitäten teil, suchen Ablenkung oder beginnen, neue Strukturen aufzubauen. Auch Freude oder Lachen können wieder Raum finden – was manchmal Schuldgefühle auslöst, obwohl es ein wichtiger Schritt im Trauerprozess ist.
Das Modell macht deutlich: Trauer bedeutet ständig zwischen diesen beiden Polen zu wechseln. Es ist kein Widerspruch, heute traurig zu sein und morgen lachen zu können. Beides gehört zusammen und ist ein gesunder Ausdruck der Anpassung an den Verlust.
Abschied beginnt schon zu Lebzeiten
Gerade in der Palliativversorgung beginnt der Abschied oft schon lange vor dem eigentlichen Tod. Angehörige erleben, wie sich die gemeinsame Zeit verändert, wie vertraute Routinen wegfallen und neue Herausforderungen entstehen. Das kann schmerzlich sein – aber es eröffnet auch die Möglichkeit, bewusster miteinander umzugehen.
Gespräche, in denen Dankbarkeit oder Liebe ausgesprochen werden,
das gemeinsame Erinnern an schöne Momente,
kleine Rituale im Alltag, die Nähe schenken –
all das sind Formen des Abschiednehmens, die helfen können, wenn der endgültige Abschied kommt.
Trauerrituale
Rituale können in der Trauer Halt und Struktur geben. Sie machen den Verlust sichtbar und helfen, Erinnerungen lebendig zu halten. Dazu gehören:
Kerzen entzünden am Todestag oder zu besonderen Anlässen
Fotos, Briefe oder Erinnerungsstücke an einem Ort sammeln, der zum Gedenken dient
Besuche am Grab oder an einem Ort, der mit der verstorbenen Person verbunden ist
Musik oder Lieder hören, die gemeinsame Erinnerungen wecken
Gemeinsame Mahlzeiten oder Feiern mit Familie und Freunden, um das Leben des Verstorbenen zu würdigen
Solche Rituale sind individuell. Wichtig ist, dass sie sich für die Angehörigen stimmig anfühlen und ihnen ermöglichen, eine Verbindung zu bewahren.
Unterstützung in der Trauer
Trauer ist eine natürliche Reaktion und darf ihren eigenen Weg gehen. Gleichzeitig kann Unterstützung helfen, nicht allein mit den Gefühlen zu bleiben.
Trauergruppen: Austausch mit Menschen, die Ähnliches erleben, vermittelt Verständnis und Trost.
Individuelle Begleitung: Trauerbegleiter:innen oder Psychotherapeut:innen können helfen, Gefühle zu ordnen und Kraft zu schöpfen.
Online-Angebote: Plattformen wie TrauerHilfe.at oder Angebote regionaler Hospizvereine bieten digitale Gruppen und Informationen.
Vor-Ort-Angebote: Hospizdienste, Pfarrgemeinden oder spezialisierte Beratungsstellen bieten Begleitung und Rituale in vielen Regionen Österreichs.
Oft reicht schon das Wissen: Ich muss das nicht alleine schaffen.
Wichtiger Hinweis
Trauer ist ein sehr persönlicher Prozess. Jede und jeder darf den eigenen Rhythmus finden. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“. Unterstützung anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Schritt zu neuer Stärke und Lebenskraft.
Angebote Trauerbegleitung:
Quellen:
Stroebe, M., & Schut, H. (1999). The Dual Process Model of Coping with Bereavement: Rationale and Description. Death Studies, 23(3), 197–224. https://doi.org/10.1080/074811899201046
Hospiz Österreich. (o. J.). Trauerbegleitung. Abgerufen am 6. September 2025, von https://www.hospiz.at/trauerbegleitung
TrauerHilfe.at. (o. J.). Online-Angebote für Trauernde. Abgerufen am 6. September 2025, von https://www.trauerhilfe.at