Palliative Strahlentherapie

Die Strahlentherapie ist neben Operation und Chemotherapie eine der drei Hauptsäulen der Krebsbehandlung. In palliativen Situationen dient sie vor allem dazu, Symptome zu lindern und Lebensqualität zu erhalten.

Allgemeines

von Dr.in med. univ. Elena Salamun, BSc

Eine Strahlentherapie wird auch als Radiotherapie (RT oder RTX) bezeichnet. Sie bedeutet den Einsatz von energiereicher elektromagnetischer Strahlung, meist zur Behandlung von bösartigen Krebserkrankungen.

Neben der Operation und der Chemotherapie ist sie der dritte große Therapieansatz bei Krebserkrankungen. Oft wird sie nicht allein, sondern als Ergänzung eingesetzt.

In palliativen Situationen – bei weit fortgeschrittenen, nicht mehr heilbaren Erkrankungen – dient die Strahlentherapie zur Symptomlinderung.
Das Ziel ist die Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität. Dabei wird ein kurzes Therapieintervall mit möglichst wenigen Nebenwirkungen angestrebt.

Begrifflichkeiten

  • neoadjuvant – Bestrahlung vor der Operation zur Tumorverkleinerung

  • adjuvant – postoperativ zur Abtötung verbliebener Tumorzellen und Senkung des Rezidivrisikos

  • alleinige Strahlentherapie – selten möglich, z. B. bei Prostatakarzinom

  • Radiochemotherapie – Kombination mit Chemotherapie; die Chemotherapie erhöht die Strahlenempfindlichkeit des Tumors

Symptomlindernde Einsatzmöglichkeiten in der Palliativmedizin

  1. Knochenmetastasen

    • lokale Bestrahlung bei Knochenabbau → Remineralisierung, Stabilisierung, Bruchprophylaxe

    • Linderung schmerzhafter Knochenmetastasen

  2. Kompression durch Tumoren oder Metastasen

    • z. B. Weichteilmetastasen oder Hirnmetastasen → Schmerzen, Atemnot, neurologische Defizite

    • Bestrahlung im Brustbereich, wenn Tumoren Gefäße komprimieren

    • Hirnmetastasen: Verzögerung von Funktionseinschränkungen

    • Weichteilmetastasen: Schmerzlinderung

  3. Blutungen

    • z. B. bei Hautmetastasen oder gynäkologischen Tumoren

Prinzip der Strahlentherapie

  • Hemmung der Zellteilung und Zerstörung von Tumorzellen

  • Verkleinerung der Tumormasse

  • Wirkung kann auch außerhalb des Bestrahlungsfokus auftreten → Risiko für Schädigung gesunden Gewebes

Bestrahlungsarten

  1. Perkutane Bestrahlung (Teletherapie)

    • durch die Haut, mit optimaler Eindringtiefe und Bestrahlungswinkel

    • meist mit Gamma- oder Elektronenstrahlung

    • häufigste Form

  2. Brachytherapie

    • Kontaktbestrahlung in Körperhöhlen oder -öffnungen durch radioaktive Quellen

    • z. B. bei Prostatakrebs

Weitere:

  • intraoperative Strahlentherapie (IORT)

  • metabolische Strahlentherapie (z. B. Strontium-89 i. v., das sich in Tumormassen anreichert)

Ablauf

  • Aufklärungsgespräch: Ziel, Dauer, mögliche Akut- und Spätnebenwirkungen

  • Planungs-CT und Terminvereinbarung für die erste Bestrahlung

  • Erstellung eines individuellen Bestrahlungsplans

Zusammenhang von Bestrahlungsdauer und Dosis

  • Fraktionierung: Aufteilung der Gesamtdosis in tägliche kleine Einzeldosen

  • Abhängig von Tumorart und Therapieziel:

    • höhere Dosen bei kürzerer Dauer oder

    • geringere Dosen über längere Zeit

  • Erreichte Maximaldosis → weitere Bestrahlung manchmal nicht möglich

  • In der Palliativmedizin meist Hypofraktionierung: höhere Einzeldosen bei kürzerer Dauer, um Liegezeit im Krankenhaus oder Anzahl der Besuche zu reduzieren

Mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen

Allgemeine Begleiterscheinungen

  • Hautreaktionen (Rötungen, Schuppungen)

  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit

Akute Nebenwirkungen (bis 90 Tage nach Ende)

  • Schleimhautentzündungen im Mund oder in der Speiseröhre (Kopf-Hals-Region)

  • Schluckstörungen

  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle (Bauchbereich)

  • Hautrötungen, Juckreiz

  • Blutarmut, Infektanfälligkeit (Knochenmark)

Spätnebenwirkungen (Monate bis Jahre später)

  • Hautverfärbungen, Verhärtungen des Unterhautfettgewebes

  • Mundtrockenheit bei Bestrahlung der Speicheldrüsen, Strahlenkaries

  • Funktionsstörungen von Lunge oder Darm

  • Schilddrüsenfunktionsstörungen

  • Fertilitätsstörungen

  • Zweitmalignome

Hinweis Zahnsanierung

Bei Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich sollten notwendige Zahneingriffe (z. B. Extraktionen, Rekonstruktionen) vor Beginn abgeschlossen sein, da die Heilung danach deutlich erschwert ist.

Ziel einer Bestrahlung

Das Ziel ist die optimale Dosis-Wirkungsbeziehung bei größtmöglicher Schonung gesunden Gewebes.
Durch moderne digitale, computergestützte Verfahren (z. B. 3D-Planung) ist heute eine präzisere Bestrahlung mit geringeren Nebenwirkungen möglich.

Hinweis

Die hier bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Aufklärung. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung, Diagnose oder Therapie. Medikamente dürfen nur nach ärztlicher Verordnung und niemals in Eigenregie eingenommen oder angepasst werden. Bitte besprechen Sie individuelle Beschwerden und Therapieentscheidungen immer mit den behandelnden Ärzt:innen.

Quellen:

Fehm, T., et al. (Hrsg.). (2021). Referenz Gynäkologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG. https://doi.org/10.1055/b-006-149614

Kreuzer, K.-A. (Hrsg.). (2019). Referenz Hämatologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG. https://doi.org/10.1055/b-004-140282