Palliative Sedierung

Die palliative Sedierung ist eine medizinische Möglichkeit, schwerste Symptome am Lebensende zu lindern, wenn andere Maßnahmen nicht mehr ausreichen

Allgemeines

von Dr.in Elisabeth Sciri

Nahezu jeder Mensch hat eine Vorstellung, wie er gerne versterben würde.
Häufig geben Menschen den Wunsch an, „friedlich einzuschlafen“.

Unglücklicherweise ist die letzte Lebensphase nicht bei jedem Menschen symptomarm. Je nach Grunderkrankung kann es zu schwerwiegenden Symptomen wie:

  • Atemnot

  • Verwirrtheitszuständen

  • Angst- und Panikzuständen

kommen.

Zur Linderung von Schmerzen, Atemnot und Unruhezuständen stehen in der Palliativmedizin gut erprobte Medikamente zur Verfügung.

Wann eine palliative Sedierung notwendig ist

Sollte es trotz aller Maßnahmen nicht möglich sein, eine ausreichende Linderung belastender Symptome zu erreichen, besteht die Möglichkeit einer palliativen Sedierung.

Darunter versteht man den überwachten Einsatz von Medikamenten mit dem Ziel, eine reduzierte oder aufgehobene Bewusstseinslage (Bewusstlosigkeit) zu erreichen.
Auch eine zeitlich begrenzte, stundenweise Sedierung – zum Beispiel in der Nacht – ist möglich.

Ziel der palliativen Sedierung

Die palliative Sedierung hat das Ziel, eine therapierefraktäre, lebensqualitätsreduzierende Situation am Lebensende zu verbessern – sowohl für Patient:innen als auch für Angehörige.

„Therapierefraktär“ bedeutet, dass Symptome trotz intensiver Bemühungen ohne bewusstseinseinschränkende Maßnahmen nicht zufriedenstellend kontrolliert werden können.

Medikamente und Durchführung

Zum Einsatz kommen Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine, üblicherweise Midazolam, das mittels Perfusor kontinuierlich verabreicht wird.

Wirkungen:

  • angstlösend

  • beruhigend

  • vorbeugend gegen Krampfanfälle

Die Tiefe der Sedierung sowie die Vitalparameter werden von erfahrenem Pflegepersonal überwacht und ggf. an die Wünsche des Patienten angepasst.

Patient:innenwünsche

Im Optimalfall wird die palliative Sedierung im Vorfeld ausführlich mit Patient:innen besprochen.
Sie können entscheiden über:

  • die Tiefe der Sedierung (ansprechbar bis tief schlafend)

  • mögliche Pausen, z. B. um zu Besuchszeiten oder untertags wach zu sein

Wenn Patient:innen ihre Wünsche nicht äußern können und keine Patientenverfügung oder Erwachsenenvertretung vorliegt, kann eine palliative Sedierung erfolgen, wenn:

  • Symptome massiv sind und vermutlich zeitnah zum Versterben führen oder

  • ein starkes Delir zu selbstschädigendem Verhalten führt (terminales Delir)

Einbeziehen der Angehörigen

Angehörige sollten immer in den Entscheidungsprozess eingebunden und kontinuierlich über den Verlauf informiert werden.

Entscheidung und Verantwortung

Die Evaluierung über den Einsatz einer palliativen Sedierung obliegt idealerweise einem/r palliativmedizinisch erfahrenen Arzt/Ärztin.
Die Entscheidung wird als Teamkonsens gemeinsam mit palliativmedizinisch geschultem Pflegepersonal getroffen.

Eine Schmerztherapie mit Opiaten kann zusätzlich fortgeführt werden.

Abgrenzung

Die palliative Sedierung ist weder lebensverlängernd noch lebensverkürzend.
Sie kann jedoch eine Alternative zum assistierten Suizid darstellen und sollte in den entsprechenden Aufklärungsgesprächen thematisiert werden.

Quelle:

Weixler, D., Roider-Schur, S., Likar, R., Bozzaro, C., Danizcek, D., Feichtner, A., Gabl, C., et al. (2016). Leitlinie zu palliativen Sedierungstherapie (Langversion). Wiener Medizinische Wochenschrift, 166(15–16), 403–439. https://doi.org/10.1007/s10354-016-0496-9